22 Juli 2019
Klimademonstrationen
NZZ vom Freitag, 19. Juli 2019, Zwei Leserbriefen der Klima-Grosseltern.
Seit Jahrzehnten warnen uns die Wissenschafter vor dem menschengemachten Klimawandel. Leider gibt ihnen die heutige Situation vollumfänglich recht: Katastrophen wie Dürren und Hurrikans führen weltweit zu Todesfällen und riesigen Sachschäden, und die Situation wird immer schlimmer. Unsere Kinder und Enkel werden kein schönes Leben mehr führen können. Die Fossil-Investitionen der Banken, Versicherungen und Pensionskassen heizen das Klima zusätzlich an. In dieser alarmierenden Situation müssen Behörden und Investoren endlich mutig gegen das Problem Klimakrise vorgehen – und nicht gegen gewaltlose Demonstranten, die auf das Problem aufmerksam machen. Die Justiz soll sich mit lebensgefährlichen oder anderswie wichtigen Problemen befassen. Auch vom Spitalnotfall erwarten wir ja, dass er sich auf den Herzinfarkt und nicht auf die harmlose Erkältung konzentriert.
Ueli Hagnauer, Steffisburg
Eine Anzahl meist junger Menschen – mehrere davon noch minderjährig – besetzen Zugangswege zu den Grossbanken UBS und CS in Zürich und Basel (NZZ 9. und 11. 7. 19). Sie wollen damit gegen die nach wie vor von diesen Banken getätigten, nach heutigem Wissen skandalösen Investitionen in der Öl-, Gas- und Kohleförderung protestieren. Die in beiden Städten auf Ersuchen dieser Geldinstitute aufgefahrene Polizei verhaftet indessen nicht die Verantwortlichen dieser Investitionen, sondern interveniert schnell und hart gegen die Überbringer dieser Information.
Während die offiziellen Stellungnahmen den Standpunkt vertreten, dass es um den Schutz von Eigentum gegangen sei, werden die angewandten polizeilichen und richterlichem Prozeduren nicht erwähnt. Diese sprengen, nach Ansicht vieler Kommentare, aber klar den gesetzlichen Rahmen: Die minderjährigen Manifestanten wurden, nach den mir vorliegenden Informationen, ohne Information der Eltern und ohne Möglichkeit, diese zu kontaktieren, in Haft genommen. Ein klarer Verstoss gegen die gesetzlichen Regelungen im Jugendstrafrecht, der hoffentlich noch geahndet werden wird. Neben diesen rechtlichen Aspekten sind die psychologischen nicht weniger dramatisch. Da wehren sich junge Menschen mit zivilem Ungehorsam für ihre und unser aller Zukunft auf diesem Planeten und werden dafür bestraft. Wir wissen aber heute aufgrund umweltpsychologischer Untersuchungen, dass Verschweigen und Unterdrücken von Ängsten krank macht und nicht das aktive Reagieren darauf. Verhalten wir uns diesbezüglich präventiv, und engagieren auch wir Erwachsene, Eltern und Grosseltern, uns, um die Zukunft der kommenden Generationen zu sichern – und beschuldigen wir nicht die jungen Menschen, welche die besorgniserregenden Informationen herausschreien.
Patrick Haemmerle, Marly
Kinder- und Jugendpsychiater und Psychotherapeut FMH,
Mitglied der Grands-parents pour le climat