1 September 2019

Carmen Schirm-Gasser
Nach den Jugendlichen streiken jetzt auch die Grosseltern für das Klima. Damit der Einsatz der Jungen nicht verpufft, sagen sie.

Mit 70 zur Demonstration: Der Klimawandel beschäftigt nicht nur die Jungen. | JACCARD
Jugendliche ziehen durch die Strassen. Laut trommelnd demonstrieren sie für einen besseren Klimaschutz. «Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Zukunft klaut», hört man sie rufen. Am Strassen- rand werden sie von einer Gruppe von 20 Personen angefeuert, die meisten weisshaarig, einer davon ist René Jaccard, 68. Mit erhobenen Transparenten feuern sie die Schüler an. Er hat das Ganze organisiert und ist glücklich über die Teilnahme der Rentner. «Wir wollten den Jungen zeigen, dass sie nicht allein sind, dass wir sie unterstützen und stolz sind auf sie.» Die Jungen hätten viel Freude an den streikenden Pensionären gehabt. Und sie an den Jungen. Schon seit Jahren macht sich der Arzt im Ruhestand Gedanken über das Klima. Als passionierter Bergsteiger sei ihm längst aufgefallen, wie die Gletscher schmelzen und sich die Natur verändere. Seit der Geburt seiner Enkelin macht er sich zusätzlich Sorgen um ihre Zukunft. Denn die derzeitige Klima-Politik sei für die nachkommende Generation eine Katastrophe. Per Zufall stiess er auf ein Interview mit Jacques Dubochet, dem letzten Schweizer Nobelpreisträger für Chemie, Professor an der Universität Lausanne.
Über tausend Mitglieder
Der 80-Jährige erzählt, dass er sich für den Verein Klima-Grosseltern Schweiz engagiere, um zu verhindern, dass das Engagement der Jugendlichen verpuffe. Bis dorthin war der Verein, der 2014 gegründet wurde, nur in der Westschweiz aktiv. In der Folge gründete Jaccard gemeinsam mit Gleichgesinnten die erste deutschsprachige Bewegung der Klima-Grosseltern. Für ihn eine logische Konsequenz. «Die meisten von uns sind pensioniert. Im Gegensatz zur nächsten Generation, die voll im Berufsleben steht, haben wir Zeit zur Verfügung und brauchen auch keinen Lohn für unsere Arbeit.» Heute zählt der politisch unabhängige Verein tausend Mitglieder, mit lokalen, Deutschschweizer Ablegern in Luzern/Zentralschweiz, Bern, Baselland, Solothurn und Zürich ist er mittlerweile in der Der 80-Jährige erzählt, dass er sich
für den Verein Klima-Grosseltern Schweiz engagiere, um zu verhindern, dass das Engagement der Jugendlichen verpuffe. Bis dorthin war der Verein, der 2014 gegründet wurde, nur in der Westschweiz aktiv. In der Folge gründete Jaccard gemeinsam mit Gleichgesinnten die erste deutschsprachige Bewegung der Klima-Grosseltern. Für ihn eine logische Konsequenz. «Die meisten von uns sind pensioniert. Im Gegensatz zur nächsten Generation, die voll im Berufsleben steht, haben wir Zeit zur Verfügung und brauchen auch keinen Lohn für unsere Arbeit.» Heute zählt der politisch unabhängige Verein tausend Mitglieder, mit lokalen, Deutschschweizer Ablegern in Luzern/Zentralschweiz, Bern, Baselland, Solothurn und Zürich ist er mittlerweile in der gesamten Schweiz aktiv.
Im Januar schrieb Jaccard alle deutschsprachigen Ständeräte an, nachdem der Nationalrat die CO2-Gesetzgebung versenkt hatte. Nun geht es um die eidgenössischen Wahlen vom Herbst: «Wir wollen, dass sich die Mehrheiten im Parlament künftig ändern, in Richtung eines Bewusstseins für das Klima.» Für die Gletscherinitiative sammelte er Unterschriften. Und mit den klimastreikenden Grosseltern war er an fünf oder sechs Demonstrationen. So genau habe er nicht mitgezählt. Wichtig sei das Ergebnis. Auf dem selbst gebastelten Transparent sind die kleinen Hände der dreijährigen Enkelin abgebildet. Promotionsmaterial, Banner, Logo, alles steht bereit.
Und er versucht, gute Vorsätze umzusetzen. «Viele in unserer Altersklasse verreisen oft, machen Kreuzfahrten und Flugreisen ans andere Ende der Welt. Wo warst du, wo fährst du hin? Das sei das Thema Nummer eins, wenn man sich treffe. Vor knapp drei Jahren haben er und seine Frau ihre letzte Flugreise gemacht. «Heute reisen wir nur noch an Orte, die man mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht.» Auf seinem Dach hat er eine Solaranlage installiert. Das bestehende Heizsystem, früher mit Erdgas, hat er umgewandelt. Heute nutzt er zu 100 Prozent Biogas, aus biologischem Material, CO2-neutral. Und den Fleischkonsum hat er massiv reduziert. Denn, so Jaccard: «Man kann problemlos auf manches verzichten, ohne die Lebensqualität einzuschränken und die Freude am Leben zu verlieren. Wenn nicht uns selbst, so doch unseren Kindern und Enkeln zuliebe.»